Fällt Weihnachten 2020 aus?
Wir haben alles probiert: Glühwein, Lichterketten und Plätzchen aber Weihnachtsstimmung fühlt sich anders an. Deshalb holten wir uns Tipps von fünf Expert*innen für Weihnachten.
Die Krippenstandbesitzerin
„Nein, so ein Schmarrn.“
Seit über 40 Jahren betreibt Renate Berger gemeinsam mit ihrer Familie einen Krippenstand auf dem Münchner Christkindlmarkt (Bayerisch zu Deutsch = Weihnachtsmarkt). Vier Wochen heißt es für sie sonst Weihnachtsstimmung pur und nun? „Im Prinzip glaube ich es wird heuer noch schöner“, sagt die Rentnerin. Es sei das erste Weihnachten ohne Stress, ohne Standabbau und Übergabe an den Weihnachtfeiertagen. Ob man da Weihnachten nicht vermisst? „Für uns ist das ganze Jahr Weihnachten. Weil wir das im Nebenerwerb machen, haben wir keine große Lagermöglichkeit, sodass ich eigentlich im Weihnachtsstand wohne.“ Damit die Krippen von Renates Kunden trotz Ausfall des Christkindlmarktes weihnachtstüchtig werden, hat sie sich etwas ausgedacht: Per WhatsApp-Video-Call führt sie Interessent*innen im Lager herum. Gefällt der Artikel, geht es direkt zur Post. Die Krippe also als Weihnachtgarant? „Natürlich, a Krippe ist ja immer etwas das Weihnachtsstimmung verbreitet.“ Zu ihren Favoriten der Krippentradition zählen übrigens: Der Adventskalender – jeden Tag wird eine neue Figur dazu gestellt oder das Maria-und-Josef-Suchen im eigenen Haus.“
Wir sagen: Wird ausprobiert!
Der Pfarrer
„Für mich heißt Weihnachten, dass Gott kommt. Das kann keine Pandemie stoppen.“
Was Weihnachten oder Christi Geburt in diesem Jahr ausmacht, weiß Wieslaw Chabros. Eigentlich wollte er nach dem Abitur Chemie studieren, jetzt ist sein Arbeitgeber weniger molekular. Wieslaw ist Pfarrer und Mitglied im Franziskaner Orden in Uelzen. In der diesjährigen Adventszeit sieht er eine Veränderung im Verhalten seiner Mitmenschen: Eine wachsende Sensibilität und Aufmerksamkeit gegenüber Menschen, die durch die Pandemie ausgegrenzt werden. So gibt es in der Gemeinde Adventssäckchen, die jeder für die Daheimgebliebenen nach dem Gottesdienst mitnehmen kann. Außerdem ist er sich sicher, dass dieses Weihnachten besonders wird: „Ich habe noch keine Nachricht gehört, dass Jesus an Corona erkrankt ist.“ Und da auch wir diese Nachricht nicht bestätigen können, stellt sich uns noch eine Frage. Was kann man in dieser Adventszeit als Einzelner tun? „Weniger ist mehr.“ verrät Wieslaw „Es muss nicht alles perfekt vorbereitet sein. Natürlich gehören der Weihnachtbaum und gutes Essen dazu. Aber man kann das mit einem kleinen Geschenk ergänzen: ein Lächeln, die eigene Zeit oder Geduld. Mit Liebe hören und sprechen, das ist das Gute, was jeder an Weihnachten tun kann“.
Wir sagen: Amen
Ein Weihnachtsfan
„Neeeein“
Wie wird man Weihnachtsfan? Ganz einfach, wenn man sich auf die Feiertage freut. Als Repräsentantin dieser sonst die Weihnachtsmärkte unsicher machenden Gruppe unterhielten wir uns mit Melanie Kahr: „Natürlich feiere ich sehr gerne Weihnachten. Da kommt die ganze Familie zusammen und man nimmt sich bewusst Zeit für einander. Das ist einfach schön.“ Und daran kann auch eine Pandemie nichts ändern, denn was sich schon zu Beginn des ersten Lockdowns anbahnte, nimmt jetzt kurz vor Weihnachten eine ganz andere Bedeutung ein: Zoom, WhatsApp und Co retten die Vorweihnachtszeit, wie sie findet. Man könne kreativ zusammenkommen ohne sich zu gefährden. Und dann gibt es noch diese eine Sache, die gehört immer zu Weihnachten – komme was wolle: gutes Essen. „Dadurch kann man sich die Zeit schön machen und es sich gut gehen lassen.“ Zusammenfassend braucht man für Melanies perfektes Weihnachtsrezept also: Zeit füreinander, gutes Essen und etwas digitales Know-How.
Wir sagen: Das kriegen wir hin!
Der Dirigent
„Natürlich nicht!“
Er besitzt keinen Christkindlstand, ist dennoch Spitzenreiter beim Besuchen von Weihnachtsmärkten. Was arbeitet er? Paul Roh ist Dirigent der Stadtkapelle Fürstenfeldbruck und sie gemeinsam Stammkunden an Christkindlmärkten (bzw. tauschen Musik gegen Freigetränke – also doch keine Kunden). Deshalb kennt er sich in Sachen Weihnachtsstimmung aus: „Wir haben 3 Weihnachtshefte mit ca. 50 Weihnachtsliedern, am beliebtesten sind die Klassiker: O du fröhliche, O Tannenbaum, Feliz Navidad, Rudolph, the Red Nosed Reindeer und Last Christmas.“ Und damit die Instrumente in dieser stilleren Weihnachtszeit nicht verrosten (*hust) verlegten die Musiker ihre Konzerte in den digitalen Raum. Der Corona-online Vorteil: „Da können sogar alle Lieder gespielt werden, so viel Zeit gibt es nie auf den Christkindlmärkten.“ Einen privaten Tipp verrät uns Paul auch noch für ein familiäres infektionsrisikofreies Weihnachtsessen: „Statt dem klassischen Familienessen grillen wir im Garten.“, sagt er.
Wir sagen: Die sind ja von den Weihnachtsmärkten abgehärtet.
Die Plätzchenexperten
„Des fällt nicht aus, nur anderer Ablauf.“
Sonst gingen Rosi und Hugo jedes Jahr zur Weihnachtszeit in die Kirche: „Das war Tradition. Das ist schon schade, dass es dieses Jahr fehlt.“ Aber wenn das eine nicht geht, greifen die Beiden auf ihre andere Leidenschaft zurück: Plätzchenbacken. 1056 Butterplätzchen, 706 Vanillekipferl und 304 Rumkugeln, 104 Dominosteine und 73 Florentiner erblickten im Haus-Türschmann das Licht des Ofens. Rosis Lieblingssorte für die Weihnachtsstimmung zu Hause ist übrigens das Vanillekipferl. Rosi sagt: „ Man muss einfach das Beste aus dem ganzen machen.“ Und Hugo ergänzt „Es ist einfach alles ruhiger.“ Diese unüblich stille Weihnachtszeit verdeutlicht dem Ehepaar besonders eins: „Sonst an Weihnachten ist es ein Gelaufe und ein Gerenne. Heuer sind die Leute freundlicher und aufmerksamer.“
Wir sagen: Die Anzahl der Plätzchen wurde natürlich geschätzt 🙂